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Massenschlägerei unter eritreischen Geflüchteten in Opfikon ZH. Ja warum eigentlich? Und warum in der Schweiz? Und warum eigentlich… in Opfikon?

Hier meine Zytlupe beim Radio SRF 1 zum Hören

Redaktion: Lukas Holliger

Foto: Aissa Tripodi

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Oder hier auch zum Lesen (auf Hochdeutsch)

„Hoselupf“ in Opfikon

Schauen Sie, ich kann verstehen, dass wir überfordert sind von dieser Schlägerei zwischen den Eritreern in Zürich. Das ist uns dann doch gleich ein bisschen zu viel politisches Engagement…

Ich meine, so hitzig wird es bei uns allerhöchstens, wenn es um den neuen geplanten Kreisel an der Gemeindegrenze geht. Abgesehen davon geht es uns offensichtlich so gut, dass uns die grossen Fragen egal sein können. Bei den wichtigen, nationalen Abstimmungen zum Thema Migration, schaffen es ja jeweils von den drei Vierteln im Land, die abstimmen dürfen, gerade mal die Hälfte an die Urne, das Resultat ist immer irgendwie 50,3 zu 49,7 Prozent und schlussendlich entscheiden ein paar tausend Nasen etwas, das dann vor allem das eine Viertel betrifft, das nicht abstimmen kann.

Darum eben, völlig klar, dass bei so einer Massenschlägerei von Eritreischen Geflüchteten in Zürich alle so unbeholfen reagieren. Und zwar von rechts bis links. Wenn irgend so ein demeter-lutschtender Züri-Hipster die Schlagzeile liest: „Eritreische Prügelei in Opfikon Zürich“, denkt er höchstens: „Oh, hab ich etwa ein Street Food Festival verpasst?“

Und die anderen sagen einfach: „Das wollen wir nicht in der Schweiz! Das ist unschweizerisch!“ Und wollen am liebsten gleich alle ausweisen. Und was auch lustig ist: Immer, wenn es um Konflikte im Ausland geht, sagen sie jeweils so scheinheilig: „Ja nein, warum, WARUM schlagen sich die DORT UNTEN immer die Köpfe ein?“ Aber wenn sie sich die Köpfe mal HIER OBEN einschlagen, ist’s auch wieder nicht recht.

Denn wenn es uns wirklich interessieren würde, dann fänden wir relativ schnell heraus, warum. Nämlich:

Der eritreische Diktator sponsort immer wieder solche Propaganda-Anlässe von seinen Anhänger*innen im Ausland. Das verhöhnt und provoziert dann die Eritreer*innen, die genau vor dieser Diktatur geflüchtet sind. Und das führt dann natürlich zu Konflikten.

Aber die meisten von uns fragen sich dann trotzdem nur: „Aber warum muss dass denn hier sein… in unserem Land?“

Dabei frage ich mich in diesem Falle ja nicht: „Warum in der Schweiz?“, sondern vor allem: Warum… in Opfikon…? Also gell, nichts gegen Opfikon. Aber ich meine, stell Dir vor, du bist ein regimetreuer Eritreer. Und dein Diktator sagt zu dir:

„Hey, Auserwählter! Mach zu meinen Ehren ein Fest in der Schweiz!“

Und du sagst dann ganz stolz zu deinen Leuten:

„Hört, hört! Die frohe Botschaft! Lasst uns unseren grossen, hochwohlgeborenen Herrscher so prachtvoll würdigen, wie er es verdient hat, und zwar… im Glattpark Opfikon!“

(Jemand aus dem Off) „Au ja, super, dort hatt’s eine Migros, einen Denner, eine Kinderkrippe UND super Anschluss mit dem ÖV!“

Und stell dir vor, wenn der Diktator dich dann nachher fragt: „Und? Was ist’s geworden? Ein Feuerwerk vor dem Matterhorn? Eine Parade auf dem Sechseläutenplatz in Züri? Eine grosse Kundgebung auf dem Bundesplatz Bern?“

Und du so: „Ähm nein. Eine Schlägerei im Glattpark Opfikon!“

Ich würde sagen, spätestens dann lässt er dich sicher nicht mehr zurück ins Land, egal wie super du das Regime findest.

Und das ist ja genau der Punkt: Wie super finden sie es wirklich? Denn auf eine Frage können wir uns ja alle einigen:

Wenn die schon so Fan vom Regime sind, warum sind sie dann überhaupt noch in der Schweiz?

Ich glaube nämlich, diese Fan-Gemeinschaft… ist gar nicht sooo unabhängig und frei.

Denn: Eritreische Staatsangehörige ausserhalb von Eritrea müssen zwei Prozent ihres Einkommens an den eritreischen Staat abliefern, sonst wird ihnen der Zugang zu Pässen und Geburtsurkunden erschwert. Ausserdem gibt es den Verdacht, dass als Dolmetscher*innen verkappte Spitzel vom Regime in der Schweiz sind.

Klingt alles nicht so geil, wenn ich ehrlich sein darf. Könnte also sein, dass darum die Liebesbekundungen der Regimetreuen ein bisschen… erzwungen sind. Und darum eben auch so halbherzig wirken. Denn ich meine, sorry, Opfikon… Das ist eine versteckte Botschaft!

Opfikon ist ein stummer Schrei nach Hilfe!

Darum bringt es auch nichts, zu überlegen, wie man die jetzt am besten zurück nach Eritrea schickt, so wie es der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr oder der SVP-Nationalrat Benjamin Fischer versuchen.

Es geht gar nicht!

Denn gerade die regimetreuen Eritreer*innen sind schon viel länger in der Schweiz. Das heisst: Die meisten von denen sind bereits eingebürgert oder haben eine Niederlassungsbewilligung und kann man darum gar nicht ausweisen.

Im Gegensatz zu den Oppositionellen.

Das heisst, wenn die Schweiz den Schutzstatus für Eritreer*innen aufheben, würde es nur die treffen, die GEGEN das Regime sind. Die Schweiz würde damit eigentlich nur… der Diktatur in die Hände spielen. Und das geht natürlich gar nicht! Wenn unsere anständige, rechtschaffene Schweiz Diktaturen hofieren würde… Das wäre ja mega unschweizerisch…

Das heisst, es bleibt uns eigentlich gar nichts anderes übrig, nämlich: ALLE Eritreer*innen einbürgern! Jawohl! Und zwar mit allem drum und dran! So richtig schweizerisch! Mit dem, was uns wirklich ausmacht – Arbeit und Geld – sollen sie so helvetisch neutralisiert werden, dass sie sogar abstimmen dürfen – wie wir alle – und es dann doch nicht machen – wie wir alle! Ausser natürlich, wenn es darum geht, welches Kunstwerk vor welchem lokalen Altmetall-Künstler auf dem Kreisel vor der Autobahnausfahrt stehen soll.

So schön! Und um das zu feiern, treffen sich alle zusammen! Einmal im Jahr! In Opfikon! Zum wahren Unabhängigkeitstag. Mit gemeinsamer Kampf-Folklore. So bisschen wie beim Schwingen. Nicht zum Rumble in the Jungle. Nicht zum Thriller in Manila. Sondern zum Hoselupf in Opfikon.